25 Jahre HAP-Grieshaber-Preis der VG Bild-Kunst

Der HAP-Grieshaber-Preis der VG Bild-Kunst zählt zu den bedeutendsten Auszeichnungen für bildende Künstler*innen in Deutschland – vergeben von Künstler*innen an Künstler*innen. Dieses Jahr geht die Auszeichnung an die Konzeptkünstlerin Nana Petzet – und feiert ihr 25. Jubiläum! Anlass genug innezuhalten und über einen Relaunch der Preisvergabe nachzudenken. Lesen Sie nachfolgend einen Werkstattbericht.

Bestandsaufnahme der Preisvergabe
Der HAP-Grieshaber-Preis wird jährlich von der VG Bild-Kunst gestiftet und ist mit 25.000 Euro dotiert. Der Preis wurde benannt nach dem Maler und Holzschneider HAP Grieshaber, der auch wesentlich am Aufbau der Bild-Kunst beteiligt war. Die Auszeichnung wird vergeben für herausragende künstlerische Leistungen. Verbunden mit dem Preis ist eine Ausstellung der Preisträgerin bzw. des Preisträgers beim Deutschen Künstlerbund in Berlin. 1999 von der Bild-Kunst und der Stiftung Kunstfonds gemeinsam ins Leben gerufen, ist der Preis außerhalb der Fachöffentlichkeit jedoch kaum bekannt – und das nicht zuletzt auch, weil eine mediale Berichterstattung kaum stattfindet. Auch die Preisverleihung selbst hat in den letzten Jahren – nicht nur pandemiebedingt – immer weniger Besucher*innen angezogen.

Strukturell sind an der Preisvergabe vier Institutionen beteiligt, was eine Weiterentwicklung des Preises schwierig macht:

  • Die Mitglieder der Berufsgruppe I der Bild-Kunst finanzieren den Preis über ihre Abzüge zum Kulturwerk.
  • Die Stiftung Kulturwerk verwaltet die Fördermittel. In ihrem Vertrag mit der Stiftung Kunstfonds ist geregelt, dass der Kunstfonds jährlich 25.000 Euro erhält, die als Preisgeld ausgezahlt werden.
  • Die Stiftung Kunstfonds wählt die Preisträgerin bzw. den Preisträger aus den für Arbeitsstipendien eingegangenen Bewerbungen aus. Die Jury ist identisch mit der Stipendienjury des Kunstfonds. Eigenbewerbungen sind nicht möglich.
  • Die mit dem Preis verbundene Ausstellung findet in den Räumlichkeiten des Deutschen Künstlerbundes in Berlin statt. Der Künstlerbund richtete bisher auch eine eher bescheidene Zeremonie der Preisverleihung aus.

Seit Sommer 2022 haben sich Vertreter*innen der vier genannten Organisationen Gedanken gemacht, wie der Preis künftig besser zur Geltung gebracht werden könnte: Wie kann der HAP-Grieshaber-Preis an Renommee gewinnen? Was kann getan werden, um ihn bekannter zu machen?

Evaluation der Rahmenbedingungen
Zunächst stand die Frage im Raum, warum der Preis in den ersten Jahren große Aufmerksamkeit erregen konnte, in der letzten Zeit jedoch nicht mehr. Eine Evaluation der Rahmenbedingungen zeigte, dass dafür mehrere Entwicklungen ursächlich sind:

  • Die Aufmerksamkeitsökonomie ist heute eine gänzlich andere als vor 25 Jahren: Während damals die Ausrichtung eines Events und die Berichterstattung darüber in den klassischen Printmedien Aufmerksamkeit generierten, führt heute kein Weg an Social Media vorbei.
  • Wurde Kulturpolitik damals maßgeblich in Berlin verhandelt, so ist heute Brüssel wichtiger, was das Urheberrecht angeht. Auch die Kunstszene selbst ist heute internationaler aufgestellt als Ende der 90er Jahre.
  • Die Stadt Berlin hat sich weiterentwickelt: Täglich finden ca. 3.000 Kulturveranstaltungen statt und ringen um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

Der Befund lautet: Die Welt hat sich weiterentwickelt, der HAP-Grieshaber-Preis nicht (oder nur wenig). Es ist an der Zeit für eine grundsätzliche Aufwertung des Preises, um ihm mehr Aufmerksamkeit und Strahlkraft zu geben!

Zielsetzungen der Bild-Kunst
Gemeinsam mit dem Kunstfonds und dem Künstlerbund haben Bild-Kunst und Kulturwerk in den letzten Monaten verschiedene Überlegungen angestellt, welche Entwicklungsmaßnahmen sinnvoll wären. Im Verlauf der Diskussionen stellte sich heraus, dass anfängliche Zielsetzungen wie eine stärkere Sichtbarmachung der Bild-Kunst in der deutschen Politik verbunden mit einer Platzierung prägnanter politischer Forderungen oder ein Get-together mit Vertreter*innen der Nutzerverbände so nicht umsetzbar sind. Die Möglichkeit politischer Lobbyarbeit bietet sich auch auf vielfältigen anderen Foren. Entscheidend ist eine stärkere Sichtbarmachung der Bild-Kunst in der Kulturszene: Denn jede neue Generation an Künstler*innen muss die Bild-Kunst neu für sich entdecken – wie sie auch stets aufs Neue an das Urheberrecht herangeführt werden muss.

Ergebnisse der Diskussion
Als Ergebnis der Diskussionen haben sich drei Themenkreise herausgestellt: 1) die Preisverleihung als Event, 2) die Ausstellung von Werken der Preisträgerin bzw. des Preisträgers und 3) die Öffentlichkeitsarbeit. Im Hinblick auf Preisverleihung und Ausstellung gab es zunächst Kritik an dem bisherigen Veranstaltungsort in der Berliner Markgrafenstraße 67. Für ein größeres Event sind die Räumlichkeiten des Künstlerbundes zu klein, sie sind eher ein Raum für Begegnungen und künstlerischen Diskurs.

Es stand die Überlegung im Raum, Preisverleihung und Ausstellung voneinander zu trennen und in einer Berliner Event-Location oder außerhalb Berlins stattfinden zu lassen. Angedacht wurde hier zum Beispiel eine Platzierung auf der Art Cologne oder im Anschluss an die Konferenz der Initiative Urheberrecht in der Akademie der Künste am Pariser Platz. Man kann jedoch davon ausgehen, dass das heterogene Publikum des Urheberkongresses kein besonderes Interesse für die Preisverleihung mitbringt und auch die Art Cologne nicht den richtigen Rahmen bietet. Eine Trennung von Ausstellung und Preisverleihung ist nicht wünschenswert, da das künstlerische Werk der Preisträgerin bzw. des Preisträgers im Mittelpunkt steht, das auch präsentiert sein will. Auch auf der Kostenseite würde ein Event dieser Größenordnung deutliche Spuren hinterlassen.

Nach aktuellem Stand stimmen alle vier Organisatoren überein, dass Preisverleihung und Ausstellung weiterhin gemeinsam vom Künstlerbund ausgetragen werden sollten. Hinsichtlich des Ortes präferiert der Künstlerbund seine Räumlichkeiten in der Markgrafenstraße, die auch Potenzial für innovative Konzepte bieten. Letztere sind jedoch nicht planbar, sondern können sich abhängig vom künstlerischen Konzept der Preisträgerin bzw. des Preisträgers entwickeln. Die Expertise des Künstlerbundes ist hier gefragt, die Ausstellung und Preisverleihung sollten aber auch durch ein maßvolles Budget stärker akzentuiert werden.  Bisher wird die Ausstellung vom Kunstfonds mit dem geringen Betrag von EUR 5.000 unterstützt. Einzelheiten sind noch zu klären, denkbar wäre auch die Stiftung einer Urkunde oder Preisskulptur durch die Bild-Kunst.

Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit
Im Rahmen der bisherigen Überlegungen kommt einer weiterentwickelten Öffentlichkeitsarbeit eine entscheidende Rolle für die Zielerreichung der Bild-Kunst zu – ihre stärkere Sichtbarmachung in der Kunstszene. Bei der Öffentlichkeitsarbeit kooperiert die Bild-Kunst mit dem Künstlerbund und dem Kunstfonds. Entsprechende Konzepte werden vorbereitet und gehen aufseiten der Bild-Kunst Hand in Hand mit dem geplanten Ausbau der bestehenden Kommunikationsinstrumente. So steht demnächst der Relaunch der Website an. Auch überlegt werden das Angebot regelmäßiger Webinare im Wechsel mit stärkerer Präsenz auf physischen Veranstaltungen, ein YouTube-Channel und weitere Social-Media-Kanäle sowie klassische PR-Arbeit. Die Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Institutionen bietet neben Synergieeffekten auch die Möglichkeit konzertierter Presseerklärungen.

Die Preisverleihung verbunden mit der Ausstellungseröffnung könnte auch im Rahmen der Art Week in den September vorverlegt werden. Hierzu laufen ebenfalls Planungen.