Grafik aus dem Künstlerarchiv

Vom 18. November bis 19. Dezember 2014 lädt das Archiv für Künstlernachlässe zu seiner jährlichen Ausstellung „Grafik aus dem Künstlerarchiv“ nach Brauweiler ein. Gezeigt werden Auflagen und Serien aus den Grafikbeständen des Archivs. Die Papierarbeiten geben Einblicke in die verschiedenen künstlerischen Positionen, Themenwelten und Arbeitsweisen der Künstler. Einzelne Grafiken werden zum Kauf angeboten, die Erlöse fließen in den Unterhalt des Archivs.

Neuvorstellung des Nachlasses von Paul Heimbach (1946-2013), der nach positiver Juryentscheidung 2014 in das Archiv für Künstlernachlässe aufgenommen wurde. Ausgehend von den drei Farben Blau, Rot und Gelb entstehen durch Überlagerung, Vermischung und Kombination seriell angelegte Arbeiten in Farbschichten, - nuancen  oder –projektionen. Das Archiv für Künstlernachlässe erhält bis zum Jahresende Zeichnungen, Grafiken, Kunstbücher und kleine Objekte aus dem Nachlass. Sie dokumentieren eindringlich die konsequente Herangehensweise des Autodidakten Paul Heimbachs in Werken aus allen Schaffensphasen. Die Kunstwerke zeigen die Stringenz von Heimbachs Arbeitsstil ebenso wie die auf klugen Formeln beruhenden Berechnungen zur Ausarbeitung ihrer maximalen ästhetischen Erscheinung. Zunächst startete Heimbach in den späten 60er Jahren damit, auf Wasser schwimmende Tusche per Papier aufzunehmen und so transparenteste Kunstwerke zu erhalten. Im Folgenden zeichnete er die zufällig entstandenen Formationen nach, schnitt sie als Umriss aus oder legte sie mit Fäden nach. Partituren und Progressionen aus Farben lösen seine Arbeitsweise vom Zufallsprinzip und machen sie zuletzt mathematisch berechenbar, musikalisch unterlegt oder aus Sprache transkribiert. Komponisten, Schriftsteller und die Tagespresse dienen ihm als inhaltliche oder optische Vorlagen für seine eigenständigen Kunstwerke. Tuschezeichnungen auf Basis einer Zeitungsseite verschlüsseln die Inhalte bis zur Unkenntlichkeit und reduzieren sie auf ästhetische Anordnungen von Buchstabenformen. Die Zahlen des magischen Quadrats in ihrer seriell darstellbaren Berechenbarkeit interessieren Heimbach genauso wie Musikkompositionen, Zeitläufe und astronomische Phänomene als Anreiz zur Ausarbeitung von Werkserien. Paul Heimbachs Werke sind in zahlreichen öffentlichen Sammlungen vertreten, darunter im Centre Pompidou in Paris, dem Museum Ludwig in Köln, dem Museum of Modern Art in New York und dem Van Abbemuseum in Eindhoven.

Renate Angers (1943-2008) Kunst ist selbstreferentiell und findet durch Reduktion und Wiederholung von Farbe und Form ihre Dichte und leuchtende Intensität. Im September 2007 brachte Anger eine Serie spontaner Aquarelle zu Papier, in denen sie mit Farbdichte und aufsteigender Formanordnung experimentiert, bis die Motive fliegenden Luftballons ähneln. In einer weiteren Serie scheint sie traditionelle Muster von Trockentüchern aufzugreifen, die sie in anderen Werken auch als Malgrund wählte, während eine Reihe Zeichnungen mit den Worten JA und NEIN durch Joseph Beuys JA, NEE- Auftritt genauso wie durch das um Antwort ringende Zupfen von Blütenblättern inspiriert sein könnte.

Eduard Franoszek (1935-1995) war Mitbegründer der Künstlergruppe "Großgörschen 35", eine der ersten Produzentengalerien in Deutschland mit selbstorganisierten Ausstellungsräumen. An der Hochschule der Künste Berlin lehrte er als Professor für Druckgrafik und Reprotechnik, in dieser Zeit entstanden auch die ausgestellten Gouachen, die installiert auf Klammern ohne Rahmen die nachhaltige Beschäftigung des Künstlers mit jedem einzelnen Motiv dokumentieren.

Aus Ludger Gerdes‘ (1954-2008) umfangreichem Nachlass aus Skizzen, Bildern, Skulpturen und Fotos ergibt sich das Bild systematisch entwickelter Bildthemen. Gerdes beschäftigte sich in seiner Kunst mit der Frage der Darstellbarkeit von Ideen und seiner eigenen Rolle im System Kunstbetrieb. Eine Serie von Papierarbeiten kreist um Schlagworte und Formfindung und zeigt die Vorskizze, die fertige Grafik und eine später ürberarbeitete Version. Genauso wie die ausgestellten Editionen "Ichs" und "Müssen, Sollen, Können, Dürfen" thematisiert Gerdes Grundbegriffe als Anreiz für (kunst-)theoretische Betrachtungen.

Jockel Heenes‘ (1947-2004) zentrales Thema war das Empfinden und Begreifen des Raumes. Ob Tafelbild, Zeichnung, Installation oder Kunst am Bau - der Raum als Erfahrung und Gegenspiel von Innen und Aussen ist immanent. Die Gegenüberstellung freier Zeichnungen mit einer Serie von Siebdrucken in der Ausstellung zeigt die Parallelität der Formfindung über Gattungsgrenzen hinaus.

Von Erich Lütkenhaus (1924-2010) werden Prägedrucke auf weißem Papier ausgestellt. Die Drucke veranschaulichen Lütkenhaus' Suche nach der Gesetzmäßigkeit konkreter Formen. Die aktuelle Kunstgeschichtsschreibung reiht den Künstler wegen seiner konstruktiv-systematischen Arbeitsweise überwiegend in die Tradition der konkreten Kunst ein.

Der Schwerpunkt von Kurt M. Schulz-Schönhausen (1922-1999) liegt auf Malerei und Grafik. Seine zahlreichen Arbeiten auf Papier, die zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn noch gegenständliche Bezüge aufweisen, werden im Laufe der Jahre zunehmend abstrakter. Ein anfangs strenger Formalismus seiner Arbeiten weicht in späteren Jahren gelockerteren Kompositionen. Die Linien werden weicher, Mischtöne lösen die reinen Farben ab und Pinselstriche brechen die vormals glatten Flächen auf.

Arbeitsaufenthalte in New York bereicherten Helen Spoerris (1937-2011) Formensprache, die sie in Aquarellen, Zeichnungen und Collagen festhielt. Als Autodidaktin brachte sie sich verschiedene künstlerische Techniken selbst bei und begeisterte sich für Zeichentechniken und verschiedenste papierne Bilduntergründe, mit denen sie formal oder inhaltlich spielt. Eine Serie von Zeichnungen New Yorker Signets auf historischen Schnittmustern erinnert aus der Ferne betrachtet an das dichte Straßennetz von Manhattan, das sich aus den komplexen Anweisungen der technischen Zeichnungen zur Textilienherstellung herauslesen läßt. Zeichentrickähnlich sehen auch die Figuren auf großformatigen Zeichnungen aus, die sie mit intensiven Farben hinterlegt. Notenblätter dienen als Untergrund für geometrische Formspiele.

Gerhard Winds (1928-1992) umfangreicher grafischer Nachlass dokumentiert seine stilistische Entwicklung von einer ersten Abstraktion, geprägt von der zeitgenössischen Kunst der frühen 1950er, über die 60er Jahre, in denen er neben gestischen Elementen einen zunehmend tektonischen Bildaufbau wählt, bis hin zu späteren Kunst-am-Bau Entwürfen und Ausführungen, die zunehmend abstrakt-geometrisch aufgebaut sind. In der Ausstellung werden neben frühen Zeichnungen auch Grafiken vorgestellt.

Die Ausstellung wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes und der VG Bild-Kunst, Bonn. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr.

Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kunstfonds, LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler
Auf der Insel 1, 50259 Pulheim, <link mail ein fenster zum versenden der>nachlass@kunstfonds.de, <link http: www.kunstfonds.de external-link-new-window externen link in neuem>www.kunstfonds.de