Lizenzierung von Plattformen

Das Jahr 2019 wird in Erinnerung bleiben als das Jahr, in dem die EU ihrer Verantwortung für die Urheber*innen gerecht wurde und die großen Social Media-Plattformen verpflichtete, für hochgeladene Inhalte zu zahlen. Ein Gesetz ist jedoch noch nicht gleichzusetzen mit klingender Münze, sondern nur ein erster – wichtiger – Schritt in die richtige Richtung. Wie es weitergeht, wurde auf der 7. Konferenz der Initiative Urheberrecht am 11. November 2019 in Berlin diskutiert.

Ein wichtiges Ergebnis der Konferenz bestand in der Herausarbeitung der Tatsache, dass sich die neue urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern unterschiedlich auf die einzelnen Werkrepertoires auswirken wird:

So geht es im Musikbereich traditioneller Weise darum, die verschiedenen Werknutzungen angemessen zu monetarisieren, da der Lizenzmarkt stark konzentriert ist und belastbare Werkdatenbanken und Abrechnungssystem existieren. Die Richtlinie verhilft den Komponist*innen, Textdichter*innen und Interpret*innen hier erstmalig, mit Google, YouTube und Facebook auf Augenhöhe zu verhandeln und angemessene Vergütungen zu erzielen.

Im kleinen Markt der Lizenzierung von Kunstrechten hat die Bild-Kunst gemeinsam mit ihren ausländischen Schwestergesellschaften ebenfalls – schon vor knapp 20 Jahren – geeignete Lizenzstrukturen geschaffen. Mit ersten Lizenzen, wahrscheinlich an kleinere Plattformen, ist also bald nach der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht zu rechnen. Freilich sollten die Erwartungen realistisch bleiben, denn das Lizenzvolumen dürfte sich in Grenzen halten.

Im Filmsektor sieht die Situation ganz anders aus: Hier hatten und haben die großen Filmstudios und TV-Sender kein Interesse daran, dass ihre Premium-Inhalte umsonst auf Videoplattformen wie YouTube zu sehen sind. Das Geschäftsmodell beruht auf Exklusivität: Spielfilme und Serien werden im Kino oder auf VOD-Plattformen wie Netflix und Amazon gegen Entgelt vertrieben. Filter sind hier bereits im Einsatz und werden es auch in Zukunft sein. Jedoch haben die Studios nicht alles Material filtern lassen: Filmausschnitte, Trailer und Fanmaterial wurden geduldet und monetarisiert – ein nicht unbeträchtlicher Markt, wie jeder bestätigen wird, der sich auf YouTube auskennt.

Damit dieser Teilbereich des Filmsektors in Zukunft auch zu Vergütungen für Filmurheber*innen und Schauspieler*innen führt, ist der deutsche Gesetzgeber aufgerufen, die bestehende, gesetzliche Monopolisierung der Rechteübertragung auf die Filmproduzent*innen zu beenden. Filmurheber*innen und Schauspieler*innen muss es möglich werden, bestimmte Exklusivrechte wahlweise an Verwertungsgesellschaften zu übertragen, so wie es auch Komponist*innen und Drehbuchautor*innen möglich ist. Denn diese garantieren, dass für die „long tail“-Nutzung auch noch nach Jahr-zehnten Vergütungen fließen und sie stehen den Filmproduzent*innen bei ihren Vermarktungsstrategien nicht im Wege. Letzteres ist gesetzlich abgesichert.

Am schwersten lässt sich die Auswirkung der neuen urheberrechtlichen Plattformverantwortlichkeit auf den Text- und Bildsektor abschätzen. Der Markt ist stark fragmentiert, so dass es den Plattformen schwerfallen wird, gebündelte Lizenzen zu erwerben. Verwertungsgesellschaften sind traditionell nur im Bereich der gesetzlichen Vergütungsansprüche tätig. Weil es den Plattformbetreibern nicht zuzumuten ist, für jedes einzelne Foto und für jeden einzelnen Text zu recherchieren, wer Urheber*in ist, könnten sie weiterhin nichts tun und einzelne Rechteinhaber*innen auf das notice-and-takedown-Verfahren verweisen. Niemandem wäre geholfen.

In dieser Situation kommen Lösungen über Kollektivlizenzen ins Spiel, die Verwertungsgesellschaften wie die Bild-Kunst anbieten könnten. Über die Erweiterung ihrer Wahrnehmungsverträge würden sie dann über ein repräsentatives Repertoire verfügen. Dieses wiederum könnte der deutsche Gesetzgeber über das neue Instrument der „erweiterten Kollektivlizenz“, das auch in der Richtlinie verankert ist, komplettieren. (Einzelne*n Urheber*innen bleibt es überlassen, ein opt out zu erklären.)

Ein nahezu vollständiges Repertoire wiederum bietet Verwertungsgesellschaften die Möglichkeit, die Vergütung für eine Lizenzierung auf der Basis einer Umsatzbeteiligung zu berechnen. Das ist das Ziel, welches erreicht werden sollte. Eine Umsatzbeteiligung von den Plattformen, bei denen das stehende Bild mehr als eine nur untergeordnete Rolle spielt, würde eine neue, nicht zu unterschätzende Einnahmequelle für Bildautor*innen aufmachen.

Bis es dazu kommt, sind noch viele Fragen zu klären und viele Hürden zu überwinden. Auf der 7. Urheberkonferenz der Initiative Urheberrecht wurde deutlich, dass diese Fragen aber zum Nutzen sowohl der Urheber*innen, als auch der Plattformnutzer*innen zu bewältigen sind, also letztlich zum Nutzen aller.