Oettinger plant EU-weite Urheberrechtsabgabe

Die neue EU-Kommission steht in den Startlöchern und der designierte EU-Digitalkommissar Günther Oettinger legt gleich richtig los: Wenn Internetdienstleister auch in Zukunft Profit aus der Nutzung von geistigem Eigentum ziehen wollen, müssten sie dafür bezahlen, zum Beispiel in Form einer Abgabe. Oettinger plant dazu bis 2016 einen Gesetzesentwurf, der das europäische Urheberrecht im Internet regeln soll.

Der Spiegel berichtet eine Woche vor Amtsantritt der neuen EU-Kommission über die Pläne des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten zum "globalen Reizthema" Urheberrecht. Es freut uns, dass der neue Digitalkommissar diesem für die Urheber so wichtigen Thema erkennbar eine große Bedeutung beimisst. Eine geplante Abgabe für die Webnutzung von geistigem Eigentum sollen insbesondere US-Konzerne wie Google zahlen. "Wenn Google intellektuelle Werte aus der EU bezieht und damit arbeitet, dann kann die EU diese Werte schützen und von Google eine Abgabe dafür verlangen", so Oettinger in einem weiteren Interview mit dem Handelsblatt. Er erklärt, dass man für den geplanten Gesetzesentwurf zunächst einmal definieren müsse, "was geistiges Eigentum überhaupt sei". Anschließend würde man die Rechte der Erzeuger, also der Künstler, Wissenschaftler und Autoren" festlegen. "Am Ende stünde dann die noch zu definierende Vergütung."

Straffer Zeitplan bis zum Gesetzesentwurf
Bis 2016 will Günther Oettinger einen Gesetzentwurf vorlegen. Ob es ihm gelingen wird, diesen nach nur einem Jahr vorzulegen und das Thema europaweit zu harmonisieren, bleibt fraglich, denn in vielen Ländern der EU gibt es schon seit Jahren heftige Debatten um mögliche Urheberrechtsreformen.
Hinzu kommt, dass im Bereich Urheberrecht traditionell eine starke Lobbytätigkeit in Rechnung gestellt werden muss: Verwertungsgesellschaften, Verlags-, Produzenten- und Künstlerverbände, US-Branchenverbände. Sie alle mischen bei weltweiten Diskussionen zum Urheberrecht mit. Oettinger wird nicht darum herum kommen, sich mit diesen Interessengruppen in seinem knapp bemessenen Jahr auseinanderzusetzen.

Abgaben in Deutschland – Oettinger zu den Verwertungsgesellschaften
Hierzulande gibt es bereits Regelungen, über die Geld von Unternehmen eingezogen und an die Urheber verteilt wird: die Rede ist von der Privatkopievergütung. Verwertungsgesellschaften wie die Gema, die VG Wort oder die VG Bild-Kunst ziehen Geld für Musiker, Autoren, Künstler, Filmurheber sowie Fotografen ein, aber auch für Filmproduzenten, Verlage und Musiklabels ein. Insofern besteht die Infrastruktur bereits, mit deren Hilfe eine neue Abgabe administriert werden könnte.

Für Günther Oettinger wird das Thema Urheberrecht eine große Herausforderung. Trotzdem ist es an der Zeit, den Stier bei den Hörnern zu packen und das Urheberrecht endlich an die Herausforderungen des Digitalzeitalters anzupassen. Wir werden das Geschehen in Brüssel aufmerksam verfolgen und an anderer Stelle über die Entwicklungen berichten.