Ordentliche Mitgliederversammlung 2017

Am Samstag, dem 29. Juli 2017, fand die ordentliche Mitgliederversammlung der Bild-Kunst in Bonn statt. Zum ersten Mal konnten die Mitglieder im Vorfeld ihre Stimme elektronisch abgeben und der Präsenzversammlung im Live-Stream folgen. Im Zentrum der Debatte stand eine Verteilungsplanänderung der Berufsgruppe I (Kunst), die schließlich mit großer Mehrheit angenommen wurde. Kritisiert wurden die hohen Kosten der elektronischen Abstimmung, die das Verwertungsgesellschaftengesetz seit Jahresbeginn bindend vorschreibt.

Die Binnendemokratie der Bild-Kunst war schon bislang gut entwickelt, da den Mitgliedern ein funktionierendes System der Stimmrechtsübertragung angeboten worden war. Nutzten in den zurückliegenden Jahren zwischen 4.000 und 6.000 Mitglieder dieses Angebot, so schnellte diese Zahl dieses Jahr auf 9.400 hoch: das sind immerhin 16% aller Mitglieder. 1.200 Stimmberechtigte nutzten die Möglichkeit, ihre Stimme elektronisch auf einen Vertreter bzw. eine Vertreterin zu übertragen. Auch die neue gesetzliche Möglichkeit der Stimmübertragung auf „jedermann“ brachte die Verwaltung bei der Registrierung nicht in Bredouille.

Das Angebot einer elektronischen Abstimmung im Vorfeld der Versammlung nutzten nur 167 Mitglieder. Dagegen standen Kosten im engeren Sinn in Höhe von EUR 120.000,-, wobei Arbeitsstunden und erhöhter Aufwand für die Erstellung des Informationsmaterials nicht eingerechnet sind. Für jedes elektronisch abstimmende Mitglied gab die Bild-Kunst somit mehr als 720,- Euro aus – viele erhalten geringere jährliche Tantiemen. Laut Informationen der GEMA und der VG Wort sah das Kosten-/Nutzen-Verhältnis dort nicht besser aus. Die Mitgliederversammlung der Bild-Kunst sprach sich deshalb dafür aus, beim Gesetzgeber Nachbesserungen zu fordern. Es sollte eine Wahlmöglichkeit geben, ob eine Verwertungsgesellschaft Stimmrechtsübertragung, elektronische Abstimmung oder beides anbietet.

Im Geschäftsjahr 2016 konnte die Bild-Kunst Erlöse in Höhe von EUR 70 Mio. erzielen. Nach EUR 88 Mio. (2015) und EUR 78 Mio. (2014) war dieses Ergebnis erneut auf Nachzahlungen der Geräteindustrie für die Privatkopievergütung zurück zu führen. Für das laufende Geschäftsjahr 2017 werden solche Nachzahlungen ein letztes Mal erwartet – danach wird die Bild-Kunst auf „Normalmaß“ schrumpfen: voraussichtlich EUR 40 – 45 Mio.

Die Kosten der Verwaltung befinden sich leider in einem Aufwärtstrend: mit EUR 4,4 Mio. in 2016 betrug der Kostensatz jetzt 6,27%. Als Kostentreiber ist insbesondere der erhöhte Bürokratieaufwand zu nennen: in 2016 mussten drei Mitgliederversammlungen gestemmt werden, um den Anforderungen des Verwertungsgesellschaftengesetzes und den Auswirkungen des BGH-Urteils zur Verlegerbeteiligung gerecht zu werden. Weiterhin halbierten sich die Zinseinnahmen auf magere EUR 0,15 Mio. Ab 2017 werden voraussichtlich Negativzinsen die Verwaltungskosten weiter erhöhen. Wenn diese Entwicklung auf Erlöse des „Normalmaßes“ trifft, dann wird die Bild-Kunst durchschnittliche Kostensätze zwischen 10% und 15% aufweisen, ähnlich der GEMA.

Bei der Darstellung der Geschäftslage legte der Vorstand einen besonderen Schwerpunkt auf die vorhandenen Rückstellungen: EUR 180 Mio. waren es zum Jahresende 2016. Diese Rückstellungen wurden im Transparenzbericht genauer aufgeschlüsselt und sollen zum Großteil in den nächsten Monaten aufgelöst – also an die Berechtigten ausgeschüttet werden. Alleine EUR 70 Mio. an Kassenbeständen sind auf den Wegfall der ehemaligen pauschalen Verleger- und Bildagenturbeteiligungen zurück zu führen, ausgelöst durch das entsprechende Urteil des Bundesgerichtshofs. Die Bild-Kunst wird dieses Geld im Herbst ausschütten, nachdem die notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen sind. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: sollte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde des Beck-Verlags gegen das BGH-Urteils zur Entscheidung annehmen, könnte sich die Ausschüttung verzögern.

Die Mitgliederversammlung befasste sich dieses Mal hauptsächlich mit Verteilungsfragen. Nach der großen Reform, die noch im Dezember 2016 auf einer außerordentlichen Versammlung auf den Weg gebracht worden war, mussten Regeln für verbleibende Lücken beschlossen und Fehler korrigiert werden. Nach dem neuen Abstimmungssystem konnten in der Versammlung keine Änderungsanträge eingebracht werden: die inhaltliche Debatte fand in den Berufsgruppenversammlungen am 5. Mai 2017 statt. Danach folgte die elektronische Abstimmung und am 29. Juli die Abstimmung in der Präsenzversammlung. Alle Anträge fanden die notwendigen Mehrheiten.

Heftig diskutiert wurde vor allem der Antrag zur Einführung eines neuen Regelwerks zur Verteilung der Privatkopieerlöse der Berufsgruppe I (Kunst). Bis Ende 2015 konnten Abbildungen von Werken auf Webseiten gemeldet werden – ein System noch aus den Anfangstagen des Internets, das sich zunehmend als diskriminierend und schwer zu kontrollieren erwiesen hatte. Denn faktisch hatten nur wenige Berechtigte ausländischer Schwestergesellschaften Meldungen abgegeben. Wären es mehr gewesen, wäre die Verwaltung mit der Kontrolle nicht mehr nachgekommen.

Die Versammlung der Berufsgruppe I hatte deshalb nach mehr als einem Jahr Beratung die Umstellung auf ein neues System beantragt, das auf empirischen Untersuchungen beruht. Im Kern können Mitglieder nun Ausstellungen melden, denn viele relevante Kopiervorgänge stehen im Zusammenhang mit künstlerischer Ausstellungstätigkeit. Andere Anteile sollen in Zukunft als Zuschlag auf die Ausschüttungen erfolgen, die auf Erlösen der Erstrechteverwaltung beruhen.

Vor der Mitgliederversammlung hatte sich Kritik an dem Regelungsvorschlag entzündet. Im Internet war sogar eine Kampagnen-Website aufgesetzt und eine Stimmübertragung gestartet worden. Auf diese Weise konnten die Gegner der Reform ihre Kritik in der Versammlung mit Gewicht vortragen. Auch wenn das neue Regelwerk schließlich mit großer Mehrheit angenommen wurde, wird sich die Geschäftsstelle in den kommenden Monaten im Detail mit der Kritik auseinander setzen und Verbesserungsvorschläge für 2018 vorbereiten.