Privatkopieschranke in Großbritannien

Auch in Großbritannien gilt EU-Recht: wird das Urheberrecht durch eine Privatkopieschranke beschnitten, dann müssen die Rechteinhaber eine Kompensation erhalten; so schreibt es die EU-Richtlinie zur Informationsgesellschaft aus dem Jahr 2001 vor. Die britische Regierung wollte das nicht wahrhaben und hat nun vor Gericht einen Dämpfer erhalten.

Bis zum 1. Oktober 2014 war es in Großbritannien von Gesetzes wegen nicht erlaubt, Privatkopien anzufertigen. Einzelne Dienstanbieter gestatteten das Kopieren zwar im Rahmen ihrer Geschäftsbedingungen auf einzelvertraglicher Basis; das stellte aber die Ausnahme dar. In der Mehrzahl der Fälle handelten die Bürgerinnen und Bürger auf der Insel deshalb illegal, wenn sie einen Fernsehfilm auf ihren Festplattenrekorder aufnahmen, wenn sie geschützte Texte und Bilder aus dem Internet herunter luden oder wenn sie Musik von CD auf ihre MP3-Player übertrugen.

Das Verhalten der Konsumenten wurde im Rahmen einer Modernisierung des Urheberrechts im vergangenen Herbst legalisiert, indem eine Privatkopieschranke ins Urheberrecht eingefügt wurde. Diese erlaubt seitdem das Anfertigen von digitalen Kopien zu privaten Zwecken und für den eigenen Gebrauch. Die Regierung hatte also eingesehen, dass man dem massenhaften Kopieren nur durch eine gesetzliche Regelung Herr werden kann. Das, was alle für erlaubt halten, sollte auch erlaubt sein, wie im Übrigen auch in fast allen anderen europäischen Ländern.

Was die Regierung in London nicht einsehen wollte, ist die Tatsache, dass das EU-Recht für die Einführung der Privatkopieschranke eine Kompensation der Rechteinhaber vorsieht. Die Argumentation der Regierung: Die Rechteinhaber hätten bislang kein Geld erhalten, obwohl kopiert wurde, deshalb entsteht den Rechteinhabern auch kein Schaden, wenn das Kopieren jetzt erlaubt wird. Außerdem könnten die Rechteinhaber ja die Preise für ihre Produkte erhöhen, um mögliche Verluste durch privates Kopieren auszugleichen.

Die Neuregelung wurde unter anderem vom britischen Komponistenverband einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen. Das zuständige Gericht entschied jetzt, dass die Annahme der Regierung, den Rechteinhabern entstehe durch das private Kopieren kein Schaden, eine reine Behauptung darstelle, die durch nichts bewiesen sei. Die gesamte Regulierung wurde kassiert und die Regierung wird prüfen, ob sie eine Neuregelung in Angriff nimmt. Dass die Cameron-Administration freiwillig ein System der Privatkopievergütung auf der Insel einführt, wird von Prozessbeobachtern allerdings als unwahrscheinlich eingestuft.