Was haben ein deutscher Filmkomponist, ein italienischer Drehbuchautor und ein französischer Regisseur gemeinsam? Sie können sich entspannt zurücklehnen, denn sie erhalten individuelle Vergütungen für die Nutzungen ihrer Onlinerechte.
Onlinerechte sind quasi das Portemonnaie der digitalen Zukunft. In einer Zeit, in der jeder mantrahaft die große Bedeutung des Licensings für die digitale Zukunft vorbetet, sollte sich jeder Urheber wie ein Trambahnfahrer im dichten Gedrängel vergewissern, ob seine Geldbörse noch in seiner Hosentasche bzw. in ihrer Handtasche steckt.
Leider sind einige Filmurheber in Europa ohne Geldbörse unterwegs.
In Deutschland beispielsweise wird ihnen das Onlinerecht quasi vom Gesetz wieder weggenommen, denn alle wichtigen Rechte sollen beim Produzenten gebündelt werden, damit dieser seinen Film in Ruhe auswerten kann. Auch Filmurheber in anderen Ländern teilen ihr Schicksal.
Das Urheberrecht gibt, das Urheberrecht nimmt.
Einigen wird jedoch nur gegeben und nichts genommen: den deutschen Filmkomponisten und Drehbuchautoren zum Beispiel. Ihnen schreibt das Gesetz nicht vor, dass sie ihre Onlinerechte bei den Produzenten abzugeben haben, weil man Filmmusik und Drehbücher unabhängig vom Film verwerten kann - oder so.
Auch in Italien und Frankreich können die Produzenten ihre Filme in Ruhe aus-werten, ohne über die Onlinerechte der Filmurheber vollständig zu verfügen. Filme lassen sich in diesen Ländern sogar verwerten, obwohl die Urheber etwas von den Verwertungserlösen abbekommen. Das Geschäftsmodell ist nicht etwa zusammengebrochen – nein! Es floriert.
Vieles wird im Rahmen der Reformdebatte um das Urheberrecht diskutiert. Viele melden sich zu Wort: die Verbraucher, die Netzpolitiker, die Abmahner.
Wer eine einfache, klare Botschaft vertritt, hat Vorteile im Diskurs.
Wir fordern deshalb:
Gebt den deutschen Filmurhebern ihre digitale Geldbörse zurück!
Hintergrund dieser Forderung
Die EU präsentierte am 10. Februar 2014 eine Studie über die Vertragspraxis im Kreativbereich, die im vergangenen Jahr vom Rechtsausschuss des Europaparlaments in Auftrag gegeben wurde. Untersucht wurde die Situation in acht Ländern: Frankreich, Spanien, Großbritannien, Deutschland, Polen, Ungarn, Schweden und Belgien. Eine weitere Studie, die Ende 2014 fertig sein soll, wird das Vergütungsniveau quer durch Europa beleuchten.
Die Studie zur Vertragspraxis ist - leider nur - auf Englisch zu beziehen.
Ein ins Deutsche übersetztes Zitat fasst das Ergebnis knapp aber treffend zusammen:
"Diese Studie führt Beispiele für die Schwierigkeit auf, eine angemessene Vergütung auch für Online-Auswertungen zu erzielen, für die Praxis der Buy-Out-Verträge, für die Vermutung der Rechteübertragung (Anmerkung des Übersetzers: an Verwerter), für die Weigerung, Vergütungen an Verwertungsgesellschaften für die Filmurheber zu bezahlen. All diese Beispiele zeigen auf, wie sich die Kräfteverhältnisse zwischen den Beteiligten zum Nachteil der Urheber verschieben." (Zitat aus: Study "Contractual arrangements applicable to creators: Law and practise of selected member states", Kapitel Executive Summary, S. 13, Conclusion and recommendations, Zeile 7-11)
Die Studie gibt auch Anregungen, wie der Gesetzgeber die vertragliche Situation für die Urheber verbessern könnte:
1. So könnte eine angemessene Vergütung für die Urheber gesetzlich vorgeschrieben werden (haben wir bereits in Deutschland), wobei das Gesetz auch die Art und Weise der Berechnung vorgeben sollte (das haben wir nicht).
2. Der Gesetzgeber könnte die Werknutzer darüber hinaus verpflichten, ihre Erlöse aus der Werkeverwertung offen zu legen (das tun bislang nur Verwertungsgesellschaften, Verwerter dagegen sind nur an die allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften gebunden).
3. Die Einführung von unverzichtbaren Vergütungsansprüchen für einige digitale Verwertungsformen (diese gibt es bereits für den Bereich der Kabelweitersendung).
Der letzte Vorschlag beschreibt eine der Möglichkeiten, den deutschen Filmurhebern ihre digitale Geldbörse zurückzugeben.