Update Verfahren Vogel ./. VG Wort

Zum vierten Mal in Folge befasste sich die Mitgliederversammlung der Bild-Kunst in ihrer diesjährigen Sitzung mit den Auswirkungen des Verfahrens Vogel gegen VG Wort. Im Kern geht es in diesem Prozess um die Berechtigung von Verwertungsgesellschaften, Ausschüttungen für gesetzliche Vergütungsansprüche pauschal auf Urheber und Verleger aufzuteilen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird im Frühjahr 2016 erwartet. Vor dem Hintergrund der aktuellen Bewertung des Verfahrensstandes entschied die Mitgliederversammlung im Juli 2015 über neue Sicherungsmaßnahmen.

Das Verfahren betrifft die Mitglieder der Berufsgruppen I und II der Bild-Kunst. Mitglieder der Berufsgruppe III sind nicht betroffen, da den Filmproduzenten – anders als den Verlegern – vom Gesetz ein eigenes Leistungsschutzrecht zugesprochen wird.

Verleger können dagegen nur von den Urhebern abgetretene Rechte und Vergütungsansprüche in die Verwertungsgesellschaften einbringen (sieht man von dem neuen Presseverleger-Leistungsschutzrecht ab). Im Sinne eines kollektiven Interessensausgleichs regeln die Verteilungspläne von GEMA, VG Wort und VG Bild-Kunst seit jeher eine pauschale Beteiligung der Verleger an den Ausschüttungen. Der konkrete Einzelfall soll gerade nicht betrachtet werden, was auch dem Schutz der Urheberseite dienen soll.

Das Oberlandesgericht München hat nun in dem Rechtsstreit Martin Vogel gegen VG Wort Ende 2013 entschieden, dass eine pauschale Beteiligung der Verleger durch Regelungen in den Verteilungsplänen der VGen nicht möglich sei. Vielmehr müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Urheber seine Rechte und Ansprüche direkt an seine VG abgetreten habe oder ob er sie zuerst einem Verlag anvertraut habe, der sie wiederum gemäß § 63a UrhG der VG eingeräumt habe. Nur im zweiten Fall sei der Verleger an den Ausschüttungen für das betreffende Werk zu beteiligen.

Die Bild-Kunst hat zuletzt wieder im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu einem neuen Verwertungsgesellschaften-Gesetz darauf hingewiesen, dass eine solche Einzelfallprüfung, welcher Anspruch wann und an wen abgetreten worden ist, administrativ eine nicht zu bewältigende Hürde darstellt. Bei der Bild-Kunst fehlt es schon an einem Werkverzeichnis, welches man für die Zuordnung der Abtretungsverhältnisse verwenden könnte. Wenn der Gesetzgeber das bewährte System der gesetzlichen Vergütungsansprüche aufrechterhalten will, wird er nicht umhin kommen, gewisse Pauschalierungen in der Verteilung zuzulassen.

Bevor es dazu kommt, wird allerdings zunächst der Europäische Gerichtshof eine Grundsatzentscheidung zu treffen haben, ob Verleger an der wichtigen Privatkopievergütung überhaupt eine Beteiligung erhalten dürfen oder ob diese in Gänze den Urheberinnen und Urhebern zusteht. Ein entsprechendes Verfahren ist am Laufen – wir erwarten die Entscheidung im Herbst 2015. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren Vogel momentan ausgesetzt, bis diese Entscheidung vorliegt.

Die Bild-Kunst ist von ihrer Aufsichtsbehörde, dem Deutschen Patent- und Markenamt, dazu angehalten worden, Sicherungsmaßnahmen zu treffen für den Fall, dass sich die Verteilungspläne und damit die Ausschüttungen rückwirkend als rechtswidrig erweisen sollten. Dabei müssen wir ein „worst-case-Szenario“ unterstellen.

Bislang hat sich die Bild-Kunst im Wesentlichen auf die Entscheidung des OLG München gestützt und unterstellt, dass sie im „worst case“ Teile der Ausschüttungen an Urheber und Verleger zurückfordern und umverteilen muss. Nach einer Analyse des aktuellen Stands des Verfahrens vor dem EuGH könnte die Rechtsprechung allerdings auch eine Verlegerbeteiligung auf der Grundlage des geltenden deutschen Rechts insgesamt als rechtswidrig einstufen. Dann müssten die gesamten Ausschüttungen an Verleger im Rückabwicklungszeitraum (er betrifft die letzten drei Jahre vor der rechtskräftigen Gerichtsentscheidung) zurück gefordert werden.

Vor diesem Hintergrund fasste die Mitgliederversammlung in ihrer Sitzung vom 11. Juli 2015 den Beschluss, alle Ausschüttungen an Verleger bis auf Weiteres zu stoppen, es sei denn, diese verpflichten sich vertraglich, erhaltene Zahlungen im Fall der Fälle zurück zu zahlen. Momentan werden die Verleger-Mitglieder der Bild-Kunst über diese Option informiert.

Im Zuge der Diskussionen über die aktuellen Sicherungsmaßnahmen wurde kurz vor der Mitgliederversammlung die Frage aufgeworfen, ob die Verlegerproblematik auch auf die von der Bild-Kunst vertretenen Bildagenturen zutrifft. Dies wird von der Geschäftsstelle derzeit intensiv geprüft. Die Mitgliederversammlung hat den Verwaltungsrat ermächtigt, nach Vorliegen der Ergebnisse der Untersuchung die Entscheidung zu fällen, ob die Ausschüttungen auch an Bildagenturen gestoppt werden müssen, falls diese keine vertragliche Rückzahlungsverpflichtung eingehen. Die nächste Sitzung des Verwaltungsrates wird voraussichtlich Ende November 2015 stattfinden.