Urheberrechtsreform in Großbritannien - voraussichtlich im Sommer?

Bislang fehlt im Urheberrecht in Großbritannien eine wichtige Ausnahmeregelung: Es geht um die Nutzung geschützter Werke durch Verbraucher zu privaten Zwecken. Lesen Sie mehr darüber in unserem Gastbeitrag von Professor Gerhard Pfennig, Sprecher Initiative Urheberrecht.

Bislang fehlt im Urheberrecht in Großbritannien eine wichtige Ausnahmeregelung: Es geht um die Nutzung geschützter Werke durch Verbraucher zu privaten Zwecken. Lesen Sie mehr darüber in unserem Gastbeitrag von Professor Gerhard Pfennig, Sprecher Initiative Urheberrecht.

Die Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft (in Kraft getreten am 22.5.2001) wurde bisher in Großbritannien in einem wichtigen Punkt nicht umgesetzt: Eine nach der Richtlinie mögliche Ausnahmeregelung, die das Vervielfältigen von geschützten Werken durch Verbraucher zu privaten Zwecken - also das Fotokopieren oder Mitschneiden von Musik oder Filmen erlaubt hätte - suchte man im englischen Recht bisher vergebens. Aus diesem Grund fehlte auch die korrespondierende Vergütungsregelung. In der übergroßen Mehrheit der EU-Staaten ist dagegen das Kopieren zu privaten – und, z.B. in Deutschland -  "eigenen Zwecken" für die wissenschaftliche oder berufliche Arbeit gestattet. Die angemessene Vergütung zahlen die Hersteller der Geräte und Trägermedien. Erst kürzlich wurde in Deutschland ein neuer Vertrag zwischen den Verwertungsgesellschaften und der Geräteindustrie über die Vergütung für PCs geschlossen. Vergütungen, die in Deutschland und den Nachbarstaaten gezahlt werden, gelten aufgrund der EU-Regeln auch für Werke von EU-Urhebern, die in Deutschland vervielfältigt werden. Englische Schriftsteller, Fotografen, Musiker und Filmurheber erhalten also die deutschen Vergütungen in voller Höhe ausgezahlt.

Europäische Urheber gehen weiter leer aus

Umgekehrt aber blicken die europäischen Urheber bisher in die Röhre: Die britische Regierung vertrat bislang den Standpunkt, in ihrem Land würden allenfalls Filme zu Timeshifting-Zwecken kopiert werden; also zur späteren Betrachtung. Und im übrigen ignorierte sie die Tatsache, dass Milliarden von Privatkopien von den britischen Verbrauchern angefertigt wurden.

Mit einem aus europäischer Sicht geradezu zynischen Gesetz hat die Regierung in Großbritannien die Situation nun legalisiert. Durch Ergänzung des Copyright Act wird eine Vorschrift zur Erlaubnis der Vervielfältigung zu privaten Zwecken eingeführt, die jedem Erwerber eines Werkstücks erlaubt, zu privaten Zwecken und ausschließlich für den eigenen Gebrauch eine Kopie anzufertigen; übrigens auch in digitaler Form zur Speicherung wie z.B. in der Cloud, solange dabei kein Kopierschutz umgangen wird.

Während in der Begründung des Gesetzes auf die Richtlinie verwiesen wird, die in diesem Fall eine Vergütung vorsieht und zudem fordert, dass die Ausnahme dem Rechteinhaber nur "minimalen" Schaden verursacht, sucht man im Text vergebens nach einer Vergütungsregelung. Die Regierung vertritt nämlich auf Grundlage eines Gutachtens, das sie sich zu Fragen der Modernisierung des Urheberrechts hat erarbeiten lassen, den Standpunkt, dass die Gebühr für das Kopieren eines erworbenen Werkstücks bereits im Verkaufspreis enthalten sei.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Es wird sich also nichts ändern. Der Diebstahl am geistigen Eigentum der nichtenglischen Europäer, die die Vergütung für die Kopie ihrer Werke eben nicht über den Verkaufspreis des Werkexemplar, sondern vom Gerätehersteller erhalten, wird fortgesetzt; aber jetzt auf scheinbar legaler Grundlage. Die Urheber aus Großbritannien werden in Europa hingegen weiter kassieren.