Kulturförderung ausgesetzt

Die selbständige Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst verantwortet die Kulturförderung, zu der Verwertungsgesellschaften per Gesetz angehalten sind. Nun sind wegen eines Urteils des Oberlandesgerichts München in einem Rechtsstreit gegen die VG Wort Zweifel entstanden, ob die aktuelle Förderpolitik rechtskonform ist. Zur Sicherheit hat der Stiftungsvorstand Ende Januar alle Förderungen einstweilen ausgesetzt.

Weil Verwertungsgesellschaften für ihre Mitglieder treuhänderisch tätig sind, müssen sie mit deren Geldern besonders sorgfältig umgehen. Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund einen präzisen Rahmen für deren Tätigkeit erlassen: das Verwertungsgesellschaftsgesetz. Und wo Gesetze sind, kann deren Umsetzung auch gerichtlich überprüft werden. Regelmäßig ergehen Urteile zur Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften europaweit, die es ebenso regelmäßig erforderlich machen, die eigene Tätigkeit zu überprüfen.

Jetzt wurde erstmalig die Kulturförderung einer deutschen Verwertungsgesellschaft – der VG Wort – von einem Oberlandesgericht beurteilt (OLG München, Az 26 U 7919_21). Auch wenn das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, muss das Urteil auch von der Bild-Kunst sorgfältig geprüft werden. Dann hat eine Abwägung zu erfolgen, ob bis zum Urteil des Bundesgerichtshofs abgewartet werden kann oder ob bereits jetzt Konsequenzen zu ziehen sind.

Das Oberlandesgericht setzt strenge Regeln für den Kreis der Fördermittelempfänger*innen: Nach dessen Ansicht müssen diese nicht nur einen Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft abgeschlossen, sondern auch Ausschüttungen erhalten haben. Dies gilt jedenfalls für Fördermittel, die aus Erlösen aus der Privatkopie und ähnlichen gesetzlichen Vergütungsansprüchen stammen.

Um auf der sicheren Seite zu sein, hat der Vorstand der Stiftung Kulturwerk am 24. Januar 2024 beschlossen, alle neuen Förderungen zunächst auszusetzen. Gleichzeitig wurde von der Bild-Kunst ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, welches das Urteil des OLG München und dessen mögliche Konsequenzen auf die Kulturförderung der Bild-Kunst analysiert.

Es ist geplant, die Förderrichtlinien für die drei Berufsgruppen so schnell wie möglich so zu überarbeiten, dass sie „OLG-konform“ sind. Denn das Risiko, dass sich die Ansicht des OLG in den höheren Instanzen bestätigt, kann nicht ausgeschlossen werden. Außerdem kann ein rechtskräftiges Urteil in dem Rechtsstreit gegen die VG Wort noch Jahre auf sich warten lassen.

Die einzelnen Berufsgruppen der Bild-Kunst sind unterschiedlich stark von der neuen Rechtsprechung betroffen:

Am ehesten kann die Vergabe der Mittel an die Mitglieder der Berufsgruppe II fortgesetzt werden. Denn dort stehen seit jeher Einzelförderungen im Vordergrund. Es würde jetzt eine neue Voraussetzung für die Einreichung eines Förderantrags hinzukommen: nämlich, dass der Antragssteller bzw. die Antragstellerin bereits eine Ausschüttung aus den einschlägigen Verteilungssparten erhalten hat.

Die Förderrichtlinien der Berufsgruppen I und III werden stärker überarbeitet werden müssen: Wahrscheinlich fällt hier die Möglichkeit weg, dass das Kulturwerk Organisationen, Verbände und Institutionen fördern kann, z. B. für kulturelle Veranstaltungen. Insbesondere für die BG III wird sich die Frage stellen, wie eine sinnvolle Kulturförderung im vom OLG München gesteckten Rahmen noch aussehen kann. Denn Filme direkt zu fördern, dazu reichen die Mittel des Kulturwerks bei weitem nicht aus.

Wichtig ist es nun, dass so schnell wie möglich ein neuer verlässlicher Förderrahmen geschaffen wird, damit die Kulturförderungen der Bild-Kunst fortgesetzt werden können.